"Meine Kraft für das Leben entspringt dem Handball"
 
Interview mit Bandits-Torwart Christian Landgraf, 24.02.07
 
Fast ein dreiviertel Jahr hat Christian Landgraf nicht für die Bandits im Tor gestanden. Zunächst hat er ein Semester in Dänemark studiert und dort auch Handball gespielt. Dann musste er eine zweimonatige Wechselsperre "absitzen". Mit Geertje Oldermann sprach er diese Woche über seine Zeit im Ausland, den Handball in Dänemark und seine Rückkehr ins BTB-Tor.
BTB-Kapitän Christian Landgraf
Ein halbes Jahr lang hast du in Dänemark studiert und dort Handball gespielt. Wie hat es dir gefallen? Was war das Besondere an der Zeit dort?
Christian Landgraf: Es war eine wunderbare Zeit. Dänemark ist ein sehr schönes Land mit sehr sympathischen, offenen Menschen. Die Uni war nicht allzu anstrengend, was aber nicht an der Qualität lag. Die Professoren sind wesentlich netter und offener als die hier in Deutschland. Das Lernsystem war transparenter, Lerninhalte waren mehr an unsere Zeit angepasst. Dänemark ist auch ein handballverrücktes Land. Fast jeden Tag lief dort im Fernsehen irgendwas mit Handball. Ich denke gerne an diese Zeit zurück. Man kann also sagen, ich habe mich dort pudelwohl gefühlt.
Wie war es, dort Handball zu spielen?
Christian Landgraf: Bei den ersten Trainingseinheiten beim Otterup HK war ich total aufgeregt, alles war fremd und neu. Aber das legte sich sehr schnell. Meine dänischen Handballkollegen vom Otterup HK waren sehr nett zu mir und behandelten mich mit Respekt. Anfangs waren wir vier Torhüter, mein Kollege Kasper Tang und ich haben uns dann schließlich durchgesetzt. Gleich beim ersten Spiel durfte ich anfangen und wurde nach nur zehn Minuten wieder ausgewechselt ... ich bekam einfach keinen Ball zu fassen. Zu Beginn der zweiten Hälfte durfte ich nochmal "ran" und hatte dann mehr Glück. Von da an war ich gesetzt, hatte das Vertrauen meines damaligen Trainers, Carsten Jensen, und konnte sehr viel Spielpraxis sammeln. Harz ist dort erlaubt, die Schussqualität ist ganz anders als hier in der Regionalliga. Nicht unbedingt besser, aber der Ball verhält sich ganz anders. Jetzt muss ich mich wieder daran gewöhnen, dass der Ball nicht verharzt ist.
Welche Liga hast du gespielt?
Christian Landgraf: Dort spielte ich in der "2. Division". In der Ligen-Hierarchie ist das die dritte Ebene nach der "Håndboldliga" und der "1. Division" – quasi das selbe Level wie die deutsche Regionalliga.
Wie war das Niveau?
Christian Landgraf: Das Leistungsgefälle ist im Gegensatz zur Regionalliga viel steiler. Dort spielen Mannschaften, gegen die kann man einfach nicht verlieren. Da kann kommen was will. "Wir" waren zur Saisonhälfte vierter, habe alle Spiele gegen die ersten drei leider verloren... Bei den anderen Spielen hatten wir kaum Probleme. Vergleiche ich nun die deutsche Regionalliga mit der dänischen 2. Division, muss ich schon zugeben, dass die Regionalliga stärker ist. Die 2. Division ist eine Mischung aus Regionalliga und Oberliga. Die ersten fünf aus Dänemark könnten hier schon mithalten, der Rest würde gnadenlos untergehen.
Gab es viele Zuschauer?
Christian Landgraf: Zu meinem Erstaunen leider nicht. Gegen Århus spielten wir in einer der größten dänischen Hallen, der N.R.G.I. Arena. Die Zuschauer konnte man aber an einer Hand abzählen – echt schaurig! Zu Hause in Otterup hatten wir durchschnittlich 200 Zuschauer, das war schon die Ausnahme. Der Rekord ging dann natürlich wieder ins Extreme: Gegen den Tabellenführer Odder IFG waren es dann gute 700 – eine wahnsinnige Erfahrung! Denn die Halle war sehr klein, und die Zuschauer standen um das Feld herum. Man konnte sein eigenes Wort nicht verstehen.
Nach einem Dreivierteljahr läufst du am Samstag wieder im Gillesbachtal auf. Wie groß ist die Vorfreude?
Christian Landgraf: Ob ich wirklich auflaufen werde, steht noch nicht fest. Antonio ist ein guter Torhüter, genauso wie "Tott" (Tim Ott; d. Red.). Carsten muss sich noch entwickeln. Was ich sagen möchte: auf der Torhüterposition herrscht großer Druck. Mit mir sind es drei Torhüter, die spielen könnten. Es gibt aber nur zwei "Spieltickets". Wer spielt, entscheidet sich erst im Laufe der Woche. Natürlich will ich spielen, und dementsprechend groß ist auch meine Vorfreude, wieder im "Wohnzimmer" aktiv sein zu können.
Wie verstehst du dich mit Antonio, der ja inzwischen zu einem echten Publikumsliebling geworden ist? Was kann er besser/macht er besser als du? Was kannst/machst du besser? Worin unterscheidet ihr euch?
Christian Landgraf: Ich freue mich sehr für ihn, dass er sich so gut eingelebt hat und gute Leistung zeigt. Schließlich kann ich sehr gut nachempfinden, wie er sich zurzeit fühlt. Der gegenseitige Respekt ist da, wir geben uns viele Tipps und wollen, dass der andere gut spielt. Antonio ist wie ich ein sehr emotionaler Mensch, allein deswegen passen wir schon sehr gut zusammen. Wenn sein Kopf nicht im Wege steht und er seinen "Flow" hat, ist er unschlagbar und eine Garant dafür, den Gegner zur Verzweifelung zu bringen. In diesem Fall sollte kein anderer Torhüter für ihn spielen. Im anderen Fall sollte er lieber "Tott" oder mir den Vortritt lassen.
Am vergangenen Wochenende hast du ja schon dein Comeback in fremder Halle gegeben – mit einer Niederlage gegen Leichlingen. Außerdem war die Defensive, bei 41 Toren verständlicherweise, in der Kritik. Wie beurteilst du deine eigene Leistung?
Christian Landgraf: Wie alle anderen war ich sehr enttäuscht. Ich hatte mir viel vorgenommen, wollte eine solide Leistung zeigen. Ich habe aber in vielen Momenten falsche Entscheidungen getroffen, den Überblick über das Spiel verloren. Ich wollte zu viel und war zu sehr aufgedreht. Das muss ich jetzt vergessen.
Zwei Monate hast du jetzt gar nicht im Tor gestanden. Wie schwierig ist es, wieder hineinzukommen?
Christian Landgraf: Hätte ich das erste Spiel gut gespielt, würde ich jetzt antworten: "Gar kein Problem, habe mich super wieder eingefügt." Sicher hat das Auswirkungen, wenn man lange nicht spielt. Beeinflusst wird aber nur der Kopf. Hat man das Glück, von Anfang an gut zu spielen, macht die Pause nichts aus. Man verlernt Handball nicht. Spielt man am Anfang nicht gut, hat man vielleicht ein Problem. Das kann man sich aber auch "schlimm denken" – reine Psychologie. Ich versuche, meine Emotionen in diese Richtung neutral zu halten, positiv zu denken und nach vorne zu gucken. Und da sehe ich Schalksmühle, Uerdingen, Korschenbroich, ...
Du warst ja nicht verletzt. Welche Rolle spielt der Kopf, wenn körperlich alles ok ist, und was tust du, um möglichst schnell zu alter Stärke zurückzufinden?
Christian Landgraf: Ich habe meine Form nicht verloren, dass kann man nicht wegen einem verpatzten Spiel unter all diesen Umständen so sagen. Ich trainiere gut und blühe vor Freude, wieder für den BTB Handball spielen zu können. Meine Kraft für das Leben entspringt dem Handball. Auch wenn nun eine schlechte Phase folgen sollte – die hatte ich schon so oft. Wenn man am Ball bleibt und sich nicht aufgibt, kommt man noch stärker als vorher wieder heraus und lässt dann "eine dicke Bombe platzen".
Hat sich in deiner Abwesenheit etwas verändert? Wenn ja, was?
Christian Landgraf: Viele Spieler haben sich weiterentwickelt, und die Neuen haben sich mannschaftlich gut eingelebt. Besonders Merten hat sportlich einen Riesensprung gemacht. Sonst hat sich nicht viel verändert ... manchmal kommt es mir vor, als wäre ich gar nicht weggewesen.
Mit Schalksmühle kommt am Samstag ein "angeschlagener Boxer" – die sind ja bekanntlich am gefährlichsten. Was erwartest du für ein Spiel?
Christian Landgraf: Das kann ich nicht genau sagen, dafür weiß ich zu wenig über diese Mannschaft. Aber ich denke, sie werden kämpfen bis zum Umfallen, schließlich stehen sie mit dem Rücken zur Wand. Schalksmühle wird ein "harter Hund".
Wie wollt ihr eure sportlich "weiße Weste" behalten?
Christian Landgraf: Endlich wieder mit vollem Engagement, Leidenschaft und Killerinstinkt Handball spielen. Jeder von uns sollte mit "geballten Fäusten" und "blutunterlaufenen" Augen aufs Feld gehen, auf jedes Gegentor sofort mit einem Tor zu unseren Gunsten reagieren, dann werden wir sicher gewinnen. Schalksmühle wird unglaublich motiviert sein, aber wenn sie merken, dass wir vom Willen her noch mehr wollen, als sie selber, werden sie richtig Probleme kriegen.
Wie schwer wiegt der Ausfall von Simon?
Christian Landgraf: Simon ist nicht umsonst unser Spielmacher. Wie viele Spiele er in all den Jahren herumgerissen hat, ist schier unglaublich. Er ist vorbildlich, versucht seine Mitspieler immer wieder zu motivieren. Simon ist eigentlich unersetzbar. Aber wir haben viele Talente in unseren Reihen, sie haben jetzt die Chance, mir das Gegenteil zu beweisen.
 
Saison 1. Herrenmannschaft
Spielplan 1. Herrenmannschaft 2006/2007
 
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